1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Besser die Eigenverantwortung fördern
Zeige Bild in Lightbox Besser die Eigenverantwortung fördern
(© Foto: Bacho Foto - Fotolia)
Finanztransaktionssteuer IW-Nachricht 23. Januar 2013

Besser die Eigenverantwortung fördern

Die EU-Finanzminister haben die Einführung einer Steuer auf Transaktionen von Aktien, Anleihen und Derivaten beschlossen. Elf EU-Länder – darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien – haben zugestimmt. Großbritannien, Schweden, Irland, Luxemburg und die Niederlande sind dagegen – zu Recht. Die Transaktionssteuer ist nämlich der falsche Weg, um Krisen wie die jüngste zu verhindern.

Die Finanztransaktionssteuer soll sich sowohl auf börsliche als auch auf außerbörsliche Geschäfte erstrecken. Die Finanzminister sehen in ihr eine sinnvolle Einnahmequelle. Sie wollen die Banken an den Kosten der Rettungsaktionen beteiligen. Sie scheinen aber nicht zu beachten, dass die Steuer auch bei Aktienkäufen von Privatanlegern sowie bei Absicherungsgeschäften der Realwirtschaft anfällt. Die Konsequenz: Eigentlich sollen nur schädliche Spekulationsgeschäfte bestraft werden, sinnvolle Finanzgeschäfte werden aber auch besteuert. Die Kosten der neuen Steuer könnten also höher sein als ihr Nutzen.

Zudem sollte nicht verkannt werden, dass Spekulationen nicht per se schlecht sind: Finden beispielsweise Händler, dass ein Unternehmen mehr wert ist als der Aktienkurs anzeigt, so helfen ihre Käufe bei der Preisfindung. Denken Investoren hingegen, dass ein Schuldner ein zu hohes Kreditrisiko darstellt, so führen ihre Verkäufe zu einem niedrigeren Anleihekurs, der das Kreditrisiko korrekt wiedergibt.

Beide Varianten sind also durchaus sinnvolle Spekulationsgeschäfte. Eine Besteuerung würde sie unattraktiv machen. Dann wird die Preisfindung gestört. Schlimmer noch: bei geringerer Handelsaktivität können einzelne Kauf- bzw. Verkaufsaufträge zu höheren Preisausschlägen führen. Dies war die Erfahrung Schwedens. Das Land hatte 1984 eine Transaktionssteuer eingeführt, hat sie 1991 aber wieder abgeschafft – denn es kam zu starken Vermeidungsreaktionen und zu einer Abwanderung des Handels an andere Börsenplätze, so dass sich das Handelsvolumen auf die Hälfte reduzierte. Die gesunkene Liquidität im Anleihehandel behinderte schließlich die Geldpolitik. Nach Abschaffung der Steuer normalisierte sich der Handel wieder.

Entsprechend ist die Besteuerung von Transaktionen nicht die richtige Reaktion auf die Krise. Zudem wurde die Krise bekanntermaßen nicht durch traditionelle Finanzprodukte verursacht, die jetzt besteuert werden sollen, sondern durch komplexe Verbriefungsprodukte. Bei diesen war nicht klar, wer am Ende haftet. Zudem hatte der Markt Schwierigkeiten, den korrekten Preis für die verbrieften Risiken zu finden. Eine Besteuerung des Handels kann deren Preisfindung zusätzlich erschweren.

Eine Lösung der Probleme an den Finanzmärkten kann deshalb nur in der Förderung von eigenverantwortlichem Handeln liegen. Dieses findet nur statt, wenn Risiko und Haftung zusammenfallen – wer persönlich haftet, der meidet schädliche Geschäfte. Eine Regulierung, die bezweckt, dass Banken mehr haftendes Eigenkapital vorhalten, ist deshalb der richtige Schritt und nicht die Besteuerung von Transaktionen.

Mehr zum Thema

Artikel lesen
De-Industrialisierung – Gefahr für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland?
Markus Demary Veranstaltung 29. April 2024

33. Finanzmarkt Round-Table: De-Industrialisierung – Gefahr für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland?

Das Institut der deutschen Wirtschaft, die DekaBank und die Börsen-Zeitung laden Sie zum Finanzmarkt Round-Table am Montag, den 29. April 2024 von 10:30 bis 12:30 Uhr ein. Der Round-Table findet als Online-Veranstaltung statt.

IW

Artikel lesen
Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 15 14. März 2024

Deindustrialisierung: Aktuelle Entwicklungen von Direktinvestitionen

Obwohl sich die Situation bei den Energiekosten nach den Turbulenzen der letzten Jahre wieder etwas entspannt hat, sehen wir weiterhin hohe (Netto-)Abflüsse von Direktinvestitionen aus Deutschland. Das deutet darauf hin, dass die Perspektiven am Standort ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880