Nachdem die EU-Kommission ihren lang erwarteten Bericht zum deutschen Leistungsbilanzüberschuss vorgelegt hat, bleibt die Erkenntnis: Es gab vorab viel Lärm um wenig. Denn die Kommission will die Exporterfolge nicht beschneiden, gibt Deutschland aber sinnvolle Reformempfehlungen. Die hiesigen Abwehrreflexe waren also überzogen – und kontraproduktiv, weil sie die Kommission in ihrer Reformstrategie unnötig geschwächt haben.
Viel Lärm um wenig
Die EU-Kommission hat einen ausgewogenen und gründlichen Bericht über den anhaltend hohen deutschen Leistungsbilanzüberschuss vorgelegt. Damit folgt sie den Vorgaben des neuen Makroökonomischen Überwachungsverfahrens und erfüllt somit nur ihre Pflicht.
Im Rückblick auf die Zeit vor der Krise hätte die Kommission im Bericht zwar noch stärker herausstellen können, dass der Anstieg des Leistungsbilanzüberschusses damals ein nicht vermeidbarer Nebeneffekt der lohn- und arbeitsmarktpolitischen Reformen war, die Deutschland wieder fit gemacht haben. Doch verweist die Kommission völlig zu Recht auf die Schwäche bei öffentlichen und privaten Investitionen in Deutschland, die wesentliche Ursachen für das deutsche Importdefizit und das schwache Potenzialwachstum sind.
Sie kritisiert auch die problematische Umsetzung der Energiewende und die geplanten Rentenreformen, die den Faktor Arbeit und die Staatsfinanzen unnötig zusätzlich belasten werden. Damit legt die Kommission den Finger in die Wunde, in Berlin wird diese Kritik allerdings nicht gern gehört.
Doch wenn Deutschland will, dass Brüssel Reformen in anderen EU-Ländern durchsetzt, dann muss die Bundesrepublik die EU-Kommission stützen und sie nicht mit überzogenen Abwehrreflexen zurückweisen. Europa kommt bei der Schaffung von mehr Wettbewerbsfähigkeit durch Strukturreformen nämlich nicht voran, wenn jeder nur will, dass Brüssel bei den anderen aufräumt, aber vor der eigenen Haustür nicht gekehrt werden darf.
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