Die öffentlichen Kassen nehmen nach den Berechnungen der Steuerschätzer bis 2014 voraussichtlich 135 Milliarden Euro mehr an Steuern ein, als bisher erwartet. Für große Ausgabensprünge oder eine radikale Steuersenkung ist die Zeit gleichwohl nicht reif. Die Konsolidierung der Haushalte muss weiterhin Vorrang haben.

Geld, um die kalte Progression zu beseitigen
Die 135 Milliarden Euro Zuwachs sind das Ergebnis zweier Steuerschätzungen. Verglichen mit der Steuerschätzung vom Mai 2010 ergeben sich für 2013 und 2014 Einnahmenzuwächse von 47 und 49 Milliarden Euro. Damals war die außerordentlich rasche wirtschaftliche Erholung der deutschen Volkswirtschaft noch nicht absehbar. In die Novemberschätzung 2010 hatten die Steuerschätzer die gute Konjunktur zum Teil schon eingepreist. Deshalb fallen die jetzt für die Jahre 2011 und 2012 ausgewiesenen Mehreinnahmen mit 18 und 21 Milliarden Euro nicht ganz so spektakulär aus.
Der Bund ist zunächst einmal auf dem Papier der große Gewinner der konjunkturbedingten Mehreinnahmen. Er kassiert mit 66 Milliarden Euro nahezu die Hälfte des „Jackpots“. Doch das ist keine sichere Bank. Hier sind auch die kalkulierten Mehreinnahmen aus zwei neuen Gesetzen enthalten - die Einnahmen aus der Finanzmarkttransaktionssteuer und der Kernbrennstoffsteuer. Ob die veranlagten 4 Milliarden Euro tatsächlich sprudeln, ist aber mehr als fraglich.
Auf den ersten Blick fällt der Anstieg bei den Kommunen überraschend verhalten aus. Im Jahr 2011 und 2012 bekommen sie gegenüber der vorherigen Schätzung jeweils nur 1,4 und 2 Milliarden Euro mehr an Steuern. Sie konnten aber bereits in der Schätzung vom November 2011 einen satten Zugewinn von 5 und 6 Milliarden Euro verbuchen.
Der Hauptgrund für die starke Zunahme der Steuereinnahmen ist die gute Konjunktur. Gleichzeitig zieht auch die Inflation an. Das sorgt ebenfalls für höhere Einnahmen, nicht zuletzt durch die kalte Progression. Für deren Abschaffung würden die Mehreinnahmen hinreichend Spielraum bieten; rund 2 bis 3 Milliarden Euro wären für eine solche kleine Steuerreform einzusetzen. Für größere Entlastungen, die möglicherweise sogar Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe verursachen, ist es dagegen zu früh.

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