Die Steuerdebatte in Deutschland wird mit immer abstruseren Argumenten geführt. Natürlich muss es zentrales Ziel der Regierung bleiben, die Schuldenbremse einzuhalten und den Haushalt angesichts des riesigen Schuldenbergs zu konsolidieren.
Es wird weiter abkassiert
Diese richtige finanzpolitische Ausrichtung verbietet es jedoch nicht, dass zumindest im gegenwärtigen Aufschwung die Chance genutzt wird, steuerpolitische Fehlentwicklungen und Ärgernisse zu korrigieren. Dazu gehört die kalte Progression. Wenn sich die Einkommen in gleichem Maße erhöhen wie die Preise, bleibt zwar das reale Bruttoeinkommen konstant. Weil für ein höheres Bruttoeinkommen aber überproportional höhere Steuern zu bezahlen sind, sinkt die Kaufkraft der Arbeitnehmer. Das nennt man kalte Progression.
Von den Gegnern einer jeglichen Steuerkorrektur wird selbst die Ausschaltung dieser kalten Progression mit fadenscheinigen Argumenten bekämpft. Da heißt es zum Beispiel, es dürfe keine Steuersenkung auf Pump geben. Wenn man diesem Slogan folgt, hätte man in Deutschland nie die Steuern senken dürfen. Denn in der langen Geschichte der Bundesrepublik hat der Bund immer zusätzlich Schulden gemacht. Die Ausschaltung der kalten Progression ist kein ungerechtfertigtes Steuergeschenk. Sie verhindert lediglich, dass sich der Staat an der Inflation bereichert.
Ökonomisch abstrus ist der Hinweis, mit der Abschaffung der kalten Progression und damit der automatischen Berücksichtigung der Inflation im Steuerrecht würde der Inflationsmentalität in Deutschland Tür und Tor geöffnet. Das Gegenteil ist der Fall. Die Gewerkschaften stellen in Zeiten höherer Preissteigerungen auch nominal höhere Lohnforderungen. Sie wissen, dass ansonsten durch das Zusammenwirken von Inflation und Progression real bei den Arbeitnehmern weniger oder überhaupt nichts ankommt. Im Umkehrschluss heißt das, die Abschaffung der kalten Progression wird nicht die Inflationsmentalität schüren, sondern einen sinnvollen Beitrag zur Stabilitätskultur liefern.
Tax expenditures in OECD countries: Findings from the Global Tax Expenditures Database
The Global Tax Expenditures Database (https://GTED.net/) collects national reports on tax expenditures for 101 countries for the period from 1990 to the present. Based on these data, the development of tax expenditures in the 38 OECD countries between 1999 and ...
IW
Ein automatischer Ausgleich der kalten Progression würde vor allem die Mitte der Einkommensverteilung vor Mehrbelastungen schützen
Seit dem Jahr 2016 werden die nominalen Einkommensgrenzen des Einkommensteuertarifs in Deutschland regelmäßig um die Inflationsrate verschoben.
IW