Noch nie konnten sich Banken so billig Geld von der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen. Am Donnerstag senkten die Notenbanker den Leitzins in der Eurozone auf einen historischen Tiefstand von 0,75 Prozent. Zur Lösung der Eurokrise trägt der Schritt nicht bei. Im schlimmsten Fall drohen langfristig sogar Inflation und Fehlinvestitionen.
Die EZB kuriert nur die Symptome
Zum ersten Mal sinkt der Leitzins in der Eurozone unter 1 Prozent. Der Leitzins ist der Satz, zu dem sich Banken bei der Europäischen Zentralbank refinanzieren können. Er bildet damit eine Untergrenze für in Euro vergebene Kredite. Der neue Zinssatz von 0,75 Prozent gilt auch für die sogenannten dicken Berthas, also die umfangreichen Refinanzierungsgeschäfte der Zentralbank vom Jahreswechsel. Die EZB hatte den Banken im Dezember und Februar Geld für drei Jahre zum Leitzins angeboten. Die Banken verschafften sich auf diesem Wege rund 1.000 Milliarden Euro.
Hintergrund der jüngsten Zinssenkung ist die schwächelnde Konjunktur in der Eurozone und die Eurokrise, die insbesondere den Banken zu schaffen macht. Der Zinsschritt verbessert die Ertragssituation der Banken und wird mit einiger Verzögerung auch die Finanzierungsbedingungen der Realwirtschaft verbessern.
Die lockere Geldpolitik kann die Krise allerdings nur symptomatisch bekämpfen. Zudem ist keineswegs gesichert, dass die EZB die Zinsen störungsfrei wieder erhöhen und die geschaffene Liquidität wieder einsammeln kann. Im schlimmsten Fall droht langfristig eine Geldentwertung. Zudem kann es zu Fehlinvestitionen kommen, weil sich das viele Geld auch schlechte Projekte sucht.

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