Die relative Einkommensarmut klettere auf immer neue Rekordwerte, warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband. Tatsächlich könnte der eher kleine Anstieg der Quote in den vergangenen Jahren sogar ein Messfehler der Statistik sein.

Zweifelhafte Höchststände
Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband ist der Anteil der Einkommensarmen im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte auf 15,2 Prozent gestiegen – gegenüber 2005 stieg der Wert um 0,5 Prozentpunkte. Der Anstieg vollzog sich in erster Linie im Westen – in allen ostdeutschen Bundesländern ist die relative Einkommensarmut gegenüber 2005 sogar gesunken. Diese Zahlen sprechen gegen eine angeblich wachsende Kluft zwischen den Regionen, die der Wohlfahrtsverband beklagt.
In welche Richtung sich die Quote auch bewegt: Die Zahlen sind immer mit Vorsicht zu genießen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband stützt sich auf den Mikrozensus, eine repräsentative Haushaltsbefragung des Statistischen Bundesamts. Der Mikrozensus birgt jedoch einige Schwachstellen: Zwar fußt die Umfrage auf einer großen Stichprobe von 370.000 privaten Haushalten, jedoch wird jedes Jahr etwa ein Viertel der Befragten ausgetauscht. Hinzu kommt, dass die Befragten sich selbst einer Einkommensklasse zuordnen müssen. Beides führt dazu, dass die statistischen Ergebnisse von der Wirklichkeit abweichen können.
Zudem kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband, dass sich die Armutsentwicklung zunehmend von der Konjunktur entkoppelt. Dies liegt aber vor allem daran, dass der Verband Armut mit relativer Einkommensarmut gleichsetzt. Dass diese im Aufschwung sinkt, ist aber auch nicht unbedingt zu erwarten: Wenn beispielsweise alle Bürger ihr Einkommen um einen bestimmten Prozentsatz steigern, bleibt der Anteil der relativ Armen konstant. Immerhin ist der Schwellenwert zur relativen Einkommensarmut seit 2005 preisbereinigt um 5 Prozent gestiegen.

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