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(© Foto: iStock)
Christoph Schröder IW-Nachricht 9. März 2021

Zwölf Euro Mindestlohn: Hiobsbotschaft für kleine Unternehmen

Wenn es nach Finanzminister Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil geht, soll der Mindestlohn bereits im nächsten Jahr auf mindestens zwölf Euro steigen. Mit diesem riskanten Vorhaben übergehen die Minister nicht nur die Mindestlohnkommission, sondern gefährden auch den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Krise.

Ein Eckpunktepapier der SPD-Minister Olaf Scholz und Hubertus Heil verspricht ein sattes Lohnplus für Beschäftigte, die für den Mindestlohn arbeiten: Der Mindestlohn soll auf zwölf Euro steigen – dabei hat die Mindestlohnkommission bereits eine deutliche Anhebung im Jahr 2022 auf 10,45 Euro beschlossen. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2021 wäre das ein Plus von mindestens 25 Prozent. Gerade für kleine Unternehmen wäre das eine Hiobsbotschaft: Bei Cafés, Gaststätten und Hotels ist das Gehaltsniveau niedrig, gleichzeitig sind sie besonders von der Pandemie und dem Lockdown betroffen. Sofern ein Betrieb die Krise überlebt, würde er dann auch noch mit höheren Lohnkosten zu kämpfen haben. 

Vorstoß gefährdet Beschäftigung

Auch negative Beschäftigungseffekte sind wahrscheinlich. Bisher hat ein höherer Mindestlohn zwar nicht zu einem deutlichen Rückgang der Beschäftigung geführt, jedoch befand sich die Wirtschaft in einem konjunkturellen Aufschwung. Die bezahlte Arbeitszeit ging in dieser Phase bereits zurück. 
Zudem ist sich die Forschung weitgehend einig, dass es ab einer bestimmten Mindestlohnhöhe zu merklichen Beschäftigungseffekten kommt – mehrere Studien zeigen, dass dieser Punkt in Deutschland in etwa erreicht ist. Warum sich Scholz und Heil über den geltenden Beschluss der Mindestlohnkommission, die sich paritätisch aus Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern zusammensetzt, hinwegsetzen, bleibt ebenfalls fraglich. 

Armutsgefährdung sinkt nur leicht

Ein Mindestlohn von zwölf Euro ist gleichzusetzen mit 60 Prozent des Medianlohns, also des mittleren Lohns in Deutschland – dieses Niveau wird auch als Living Wage bezeichnet. Dadurch würde die Armutsgefährdungsquote der Beschäftigten gegenüber heute zwar um 1,3 Prozentpunkte sinken – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Arbeitszeit nicht sinkt, keine Stellen abgebaut werden und es keine Verstöße gegen den Mindestlohn gibt. Zudem wäre der Effekt überschaubar. Zum Vergleich: Dies wären nur 0,6 Prozentpunkte mehr als bei der beschlossenen Erhöhung auf 10,45 Euro – welche bei der unsicheren wirtschaftlichen Lage bereits ein mutiger Schritt ist. 
 

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