Viele Unternehmen reagieren mit Einstellungsstopps auf Corona. IW-Arbeitsmarktexperte Oliver Stettes kennt die Probleme, die Bewerber auf dem aktuellen Arbeitsmarkt haben. Wichtig sei, die Zeit sinnvoll zu nutzen, erklärt er in in einem Interview bei Stuttgarter Zeitung.
„Zur Not einen befristeten Job annehmen”
Herr Stettes, wie schwierig ist es gerade für junge Leute, einen Job zu finden?
Egal ob jung oder alt, egal mit welchem beruflichen oder schulischen Hintergrund - alle Arbeitsuchenden haben jetzt ein Problem. Schließlich war die erste Reaktion der Unternehmen auf Corona, Einstellungsstopps zu verhängen. Außerdem wurden viele befristete Arbeitsverträge nicht verlängert. Für junge Menschen ist es ganz besonders schwer, weil sie sich oft in einer Übergangsphase befinden und zum Beispiel einen Ausbildungsplatz suchen oder gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben und nun in das Berufsleben starten möchten.
Was können Arbeitsuchende tun?
Eine richtige Empfehlung kann ich jungen Menschen nicht geben. Es ist noch nicht abzusehen, wie lange die Krise andauern wird. Ich will aber allen Suchenden Mut zusprechen: Wir leben in einer Zeit, in der es viele ältere Angestellte gibt, die bald in Rente gehen werden. Wer also jetzt noch nicht seinen Traumjob findet, hat gute Chancen, dies noch in drei oder vier Jahren zu tun.
Und wie sollte man die Zwischenzeit am besten überbrücken?
Wichtig ist es, den Übergang sinnvoll zu nutzen. Wir haben in einer Studie festgestellt, dass es vernünftiger ist, einen befristeten Job anzunehmen, als zu warten, bis ein unbefristetes Angebot kommt. So kann der Berufseinsteiger Erfahrungen sammeln, was ihm später zugutekommt. Wer schon immer studieren oder noch einen Masterabschluss auf seinen Bachelor setzen wollte, kann das jetzt tun. Nur Studieren, "damit etwas getan ist", halte ich allerdings für unsinnig.
Wie erklärt man die Brüche im Lebenslauf?
Indem man offen erklärt, warum es zu einer Lücke kam oder warum man noch einmal studiert oder eine befristete Stelle angenommen hat. Natürlich braucht man auch etwas Glück im Bewerbungsgespräch. Es hängt viel davon ab, wer einem da gegenübersitzt. Ein Personalverantwortlicher, der vielleicht auch einen schweren Jobeinstieg hatte, zeigt eventuell mehr Verständnis als jemand, der in einer Zeit des Aufschwungs sofort eine Stelle gefunden hat.
Wie sieht es hierzulande im Vergleich zu anderen Ländern aus?
Üblicherweise finden Jugendliche in Deutschland vergleichsweise gut einen Einstieg in den Arbeitsmarkt. Das ist ein Verdienst des hiesigen Ausbildungssystems und auch der flexiblen Möglichkeiten durch die befristete Beschäftigung, in die junge Menschen nach ihrer Ausbildung häufig einmünden. Die Unternehmen machen das zum einen, weil sie noch nicht wissen, ob sie sich langfristig die Stelle leisten können, und zum anderen, weil sie den Berufseinsteiger testen wollen. So kommen Suchende relativ leicht in den Arbeitsmarkt rein. Wesentlich schlechter läuft es etwa in Frankreich. Das System ist dort nicht so flexibel - und mehr junge Menschen sind dadurch arbeitslos.
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