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(© Foto: Dennis Strassmeier)
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Oliver Stettes auf AKTIV online Interview 4. Mai 2017

„Warum brauchen Betriebe eigentlich mehr Flexibilität?”

Die Bundesregierung will das Arbeitszeitgesetz modernisieren. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) erklärt, worauf es dabei für die Unternehmen maßgeblich ankommt und weshalb die Politik mutiger sein sollte.

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Was bringt das Weißbuch aus dem Haus von Arbeitsministerin Andrea Nahles?

Dass die Betriebe in einer Testphase mehr Flexibilität ausprobieren dürfen. Dabei geht es unter anderem um den klassischen Acht-Stunden-Tag, den es übrigens im EU-Recht gar nicht gibt. Dieser soll nicht grundsätzlich abgeschafft werden – aber die Industrie braucht mehr Spielraum. Weil ihre Kunden mehr Flexibilität einfordern.

Worum geht es noch?

Es sollte auch eine tarifvertragliche Aufweichung der elfstündigen Ruhezeit getestet werden: Wenn man nachmittags früher geht, dafür abends noch mit Kunden in Übersee telefoniert – ist das eine Unterbrechung der vorgeschriebenen Ruhezeit? Juristisch streng genommen: ja. Aber es ist eine Bagatelle, Betriebe und Arbeitnehmer bewegen sich in einer Grauzone. Das wollen die Betriebe ändern.

Da bietet die Testphase doch gute Möglichkeiten …

Mitmachen dürfen zunächst nur tarifgebundene Unternehmen mit Betriebsrat. Offen ist zum Beispiel, ob und in welcher Form nicht tarifgebundene Betriebe auf die Experiment-Regelungen Bezug nehmen dürften. Problematisch ist, dass die Betriebsvereinbarung zwingend mit der Idee von „Wahlarbeitszeiten“ verbunden ist, unabhängig davon, ob diese Idee in dem konkreten Betrieb Sinn ergibt. Die Wirtschaft hat sich mehr erhofft! Die Politik sollte mutiger sein und nur eingreifen, wenn eine Entwicklung aus dem Ruder zu laufen droht. Kurzum: Das Weißbuch ist kein großer Durchbruch.

Wobei die Ministerin auch mit neuen Belastungen für die Betriebe um die Ecke kommt.

Sie droht, an anderer Stelle die Flexibilität stark einzuengen. Ein Beispiel: Künftig sollen Teilzeit-Mitarbeiter einen generellen gesetzlichen Anspruch darauf haben, wieder auf Vollzeit zu gehen. Auch ein Recht auf Homeoffice ist in der Diskussion. All das aber ohne Rücksicht auf die betrieblichen Belange! Das gäbe Probleme gerade für Mittelständler, die beim Personal nicht so viel Spielraum haben.

Haben Beschäftigte in der Industrie heute nicht sowieso mehr persönliche Flexibilität als früher?

Ja. Die Unternehmen reagieren auf viele verschiedene Flexibilisierungsbedürfnisse. Aber auch ihre eigenen Ansprüche an Flexibilität haben massiv zugenommen, weil Anpassung immer mehr zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil wird. Zudem hat sich die Zusammensetzung der Belegschaften verändert, weil zum Beispiel die Erwerbsbeteiligung der Frauen gestiegen ist. Grundsätzlich beobachten wir, dass die Wünsche und Anforderungen der Beschäftigten heterogener werden und sich im Zeitablauf verändern.

Ist es problematisch, wenn die Grenzen zwischen Beruf und Privatem verwischen?

Wie die aktuelle Umfrage der Metall-Arbeitgeberverbände zeigt, haben viele Beschäftigte kein Problem damit. Im IW Köln sind wir zu ähnlichen Ergebnissen gekommen: Mitarbeiter, die dank digitaler Medien wie Smartphone und Tablet hin und wieder von zu Hause aus arbeiten, sind zufriedener als solche, die nie mobil arbeiten. Weil sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen.

Was passiert eigentlich, wenn die Betriebe zu wenig Flexibilität haben?

Sie schaffen und erhalten weniger Arbeitsplätze, weil sie schlechter auf Unsicherheiten der Märkte reagieren können. Wenn man ihre Möglichkeiten an einer Stelle einschränkt, muss man sie an anderer Stelle öffnen.

Geht es bei dem Thema also auch generell um den Standort Deutschland?

Ja, denn die Flexibilität des Arbeitsmarkts hat ja erst zu dem Beschäftigungswunder geführt, das wir erleben. Und dazu, dass wir gut durch die letzte große Krise gekommen sind. Wenn Flexibilität an immer mehr Stellen eingeschränkt wird, entzieht die Politik der Wirtschaft die Grundlage für eine positive Beschäftigungsentwicklung.

Zum Interview auf aktiv-online.de

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