Die Sanierungspflichten aus Brüssel und Berlin werden den Immobilienmarkt stark verändern. IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer fürchtet Fehlinvestitionen und knappen Wohnraum. Er warnt auch Mieter vor den Folgen. Ein Punkt kommt ihm bei Wohnungs- und Klimapolitik viel zu kurz.
Immobilien: „Die Pläne zum Klimaschutz setzen zu kurze Fristen, die Menschen brauchen mehr Zeit“
Herr Voigtländer, mit dem Gebäude-Energie-Gesetz und der EU-Gebäuderichtlinie kommen scharfe Regulierungen auf den deutschen Immobilienmarkt zu. Welche Auswirkungen wird das mittel- bis langfristig auf einen Markt haben, auf dem Wohnraum schon jetzt knapp ist?
Beide Regulierungen führen dazu, dass erhebliche Investitionen getätigt werden müssen, und dies wird in der ein oder anderen Form zu höheren Mieten führen. Darüber hinaus steht zu befürchten, dass nicht alle Immobilien bis 2030 bzw. 2033 auf den entsprechenden Stand kommen. Es könnte also sein, dass ein Teil der Wohnungen dann nicht mehr vermietet werden darf, was das Angebot – vor allem an günstigen Wohnungen – weiter reduziert.
Wohnen wird also teurer, Wohnraum noch knapper, was letztlich zu Einschränkungen etwa beim Flächenkonsum führen wird. Dies wiederum ist in manchen Fällen gut verkraftbar, weil etwa sehr viele Räume zur Verfügung stehen, doch in anderen Fällen ist von weiterer Überbelegung auszugehen. Schon heute wohnen rund ein Drittel der Familien in Großstädten in Wohnungen, in denen nicht mehr für jedes Familienmitglied ein Raum zur Verfügung steht.
Bei Millionen Häusern jenseits der Metropolregionen dürften die Kosten einer erzwungenen Sanierung den Buchwert der Objekte übersteigen. Wird damit das Phänomen der „stranded assets“ zum großen Problem – und bleibt dafür eine andere Option als der Abriss?
Es gibt einige Regionen mit starken Abwanderungstendenzen, in denen dies passieren könnte – zum Glück bleibt das die Ausnahme. Aber: Leerstand ist ein zunehmendes Problem, weil es eben einen starken Sog in die Ballungszentren gibt. Im Sinne der Regionalpolitik, aber auch der Nachhaltigkeit ist es in meinen Augen dringend geboten, diesem Trend entgegenzusteuern.
Unter anderem durch bessere Bahnanbindungen, schnelleres Internet und kluge Bildungsangebote ließen sich auch Perspektiven abseits der großen Metropolen entwickeln. Dies würde Druck von den Großstädten nehmen – und damit den Neubaubedarf reduzieren, weil wir vorhandene Immobilien nutzen. Dieser Gedanke des regionalen Ausgleichs findet sich leider viel zu wenig in der Wohnungspolitik wie Klimapolitik.
Die geplanten Förderungen werden in den meisten Fällen nicht annähernd ausreichen, um die Kosten für Sanierungen zu stemmen. Viele Eigentümer werden alle verfügbaren Mittel dafür einsetzen müssen, auch aus laufendem Einkommen. Was bedeutet eine solche Absorption der Kaufkraft für die Volkswirtschaft?
Wir müssen uns klarmachen, dass der Klimaschutz in einem ersten Schritt Wohlstand kostet, denn natürlich reduziert sich das Konsumpotenzial. Aber: Wir sollten den Klimaschutz auch als Investition in unsere Zukunft und die unserer Kinder verstehen, denn ohne diese Investition werden die Lebensbedingungen vermutlich deutlich schlechter sein. Gerade deswegen ist es aber auch erforderlich, möglichst klug vorzugehen.
Sowohl die Pläne des EU-Parlaments zu den Mindestenergiestandards als auch die GEG-Novelle setzen zu kurze Fristen, was die Gefahr von Fehlinvestitionen setzt. Besser wäre es daher, den Menschen mehr Zeit zu geben. Zum einen, damit die Innovationskräfte besser wirken können, zum anderen aber auch, weil schlicht die Fachkräfte für so viele Sanierungen gar nicht vorhanden sind.
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