1. Home
  2. Presse
  3. Wirtschaftswissenschaftler hält Staatspleite in Zypern für vertretbar
Zeige Bild in Lightbox Wirtschaftswissenschaftler hält Staatspleite in Zypern für vertretbar
(© Foto: STEFFAN Emmanuel - Fotolia)
Michael Hüther in der Westdeutschen Zeitung Interview 18. März 2013

Wirtschaftswissenschaftler hält Staatspleite in Zypern für vertretbar

Der Kölner Wirtschaftswissenschaftler Michael Hüther kritisiert die EU-Pläne für Zypern. Er hält eine Staatspleite für verkraftbar.

Erst waren europäische Staatsanleihen nicht mehr sicher, jetzt sind auch private Spareinlagen keine sichere Bank mehr. Ist die europäische Finanzkrise zurück?

Angesichts dieser Zypern-Lösung besteht tatsächlich ein Risiko, dass die Finanzkrise zurückkehrt. Wenn man allerdings klar kommuniziert, dass Zypern mit seinem aufgeblähten Bankensektor ein Sonderfall ist, dann sollte es gelingen, dieses Risiko einzudämmen.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger spricht von einem Tabubruch. Es bestehe die Gefahr, dass die Sparer in anderen Ländern verunsichert würden und ihre Konten räumen könnten. Das klingt doch plausibel, oder?

Da ist sicher etwas dran. Aber man muss auch die Alternative sehen. Sie besteht darin, die Banken in Zypern abzuwickeln. Dann hätten die privaten Sparer noch viel größere Verluste zu befürchten, als einen geringen Anteil ihrer Sparguthaben. Es wird ja so getan, als gäbe es einen Anspruch auf Rettung. Den gibt es aber nicht. Jede Krisen-Lösung bringt ungewünschte Effekte mit sich. Es gibt keinen Königsweg.

Warum muss Zypern eigentlich gerettet werden? Ist das Land für den Euro wirklich systemrelevant?

Das kann man zu Recht in Zweifel ziehen. Auch in den USA haben einzelnen Staaten schon ihren finanzpolitischen Handlungsspielraum verloren, ohne dass die Nation untergegangen ist. Zypern ist eine relativ kleine Volkswirtschaft. Man hätte also auch den Weg der staatlichen Insolvenz gehen können. Nun hat die EU entschieden, die europäische Hilfe für Zypern mit einer Eigenbeteiligung der privaten Anleger zu kombinieren. Aber wenn man das schon macht, dann hätte man das besser kommunizieren und auch anders ausgestalten müssen.

Sollen Kleinanleger verschont bleiben, wie es die Opposition fordert?

Wenn Zypern einen Eigenbeitrag von 5,8 Milliarden Euro für seine Rettung leisten soll, dann wird man auch an den Kleinanlegern nicht vorbei kommen. Denn wenn dann umso mehr die Vermögenden geschröpft werden, dann kann das auch zu einer nachhaltigen Abschreckung von Investoren führen. Eine bessere soziale Staffelung will ich damit aber nicht ausschließen. Ein Paket mit einer Freigrenze für kleine Spareinlagen von ein paar tausend Euro wäre sicher politisch besser zu vermitteln und im Parlament von Nikosia auch leichter durchsetzbar.

Dieses Parlament hat eine Entscheidung darüber am Montag erneut verschoben. Wie bewerten Sie das?

Dieser Schwebezustand führt zu einer Verunsicherung bei allen internationalen Anlegern. Lange wird man solche Bankfeiertage nicht durchhalten können. Schließlich müssen die Geldinstitute den Liquiditätskreislauf aufrechterhalten. Die Alternative ist, ich sage es noch einmal, Zypern pleitegehen zu lassen. Europa muss nicht jede kleine Bude retten. Wir haben mittlerweile ein Sicherungssystem in Europa, das den Euro auf Dauer tragen kann. Dass viele den gegenteiligen Eindruck haben, dafür ist leider auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mitverantwortlich.

Zum Interview auf der Internetseite der Westdeutschen Zeitung

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Hohe Zölle, Europa-Spaltung und Unkalkulierbarkeit bei Trump
Hubertus Bardt bei phoenix Interview 31. Oktober 2024

US-Wahl 2024: Hohe Zölle, Europa-Spaltung und Unkalkulierbarkeit bei Trump

Im Interview mit phoenix spricht IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt über die Auswirkungen einer Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.

IW

Artikel lesen
Melinda Fremerey / Tobias Hentze / Galina Kolev-Schaefer / Samina Sultan Pressemitteilung 28. Oktober 2024

Fiskalregeln und Investitionen: Jeder fünfte investierte Euro finanziert sich selbst

Die Bundesrepublik bröckelt, trotzdem tut sich die Politik mit nennenswerten Investitionen schwer. Dabei würden staatliche Investitionen die Wirtschaft deutlich voranbringen – ohne die Staatsschuldenquote übermäßig ansteigen zu lassen, zeigt eine neue Studie ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880