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Dominik Enste im Blog der Minijob-Zentrale Interview 2. November 2018

„Generation X unterschätzt positive Effekte einer Haushaltshilfe“

Warum Haushaltshilfen die Lebenszufriedenheit nachweislich steigern – und warum die gestresste Generation X dies unterschätzt, erklärt IW-Verhaltensökonom Dominik Enste im Blog der Minijob-Zentrale.

Wer ist die Generation X?

Zur Generation X gehören die heute 38- bis 53-Jährigen. Sie stehen in der Mitte ihres Lebens und machen 22 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland aus. Der gestiegene Wohlstand und die Sozialisation in den 80er und 90er Jahren prägen ihre Werthaltungen und ihre Wünsche. Dabei unterscheiden sie sich vielfach weniger von der Generation der Babyboomer oder der Generation Y als vermutet. Viele Studien versuchen Unterschiede in den Werthaltungen und Zielen zwischen den verschiedenen Generationen aufzuzeigen. Diese Unterschiede sind aber eher durch die jeweils andere Lebensphase und andere institutionelle Rahmenbedingungen zu erklären als durch grundsätzlich andere Werteprägungen.

Woran liegt es, dass sich die Generation X besonders gestresst fühlt?

Lebenslaufbedingt weist die Generation X eine besonders hohe Erwerbstätigenquote von fast 90 Prozent auf. Diese hohe Erwerbstätigkeit zeigt sich auch in der Wirtschaftsleistung der Generation X: Sie trägt mehr als ein Drittel zur gesamtdeutschen Wirtschaftsleistung bei. Zugleich leben in den Haushalten der Generation X im Schnitt deutlich mehr Kinder (1,3) als im Durchschnitt der übrigen Haushalte (0,5). Damit ist für die Generation X die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit eine besondere Herausforderung. Sie trägt dazu bei, dass der Stress in dieser Altersgruppe am größten ist.

Die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nachweislich zufriedener macht. Was sind die Gründe dafür?

Die Haushaltshilfe entlastet die Menschen bei Aufgaben, die neun von zehn Erwerbstätige ansonsten nach der Arbeit erledigen müssten. Folgerichtig bleibt mehr Zeit für die eigene Freizeit, das Familienleben und die Freunde, denn die Haushaltshilfen helfen, Zeitstress erheblich zu verringern.

Es ist erstaunlich, dass die gestresste Generation X seltener Haushaltshilfen beschäftigt als der Rest der Bevölkerung – und das, obwohl sie ein höheres Haushaltseinkommen hat. Was sind mögliche Gründe dafür?

Grundsätzlich beschäftigen Haushalte mit einem höheren Haushaltseinkommen häufiger eine Hilfe. Dies gilt aber nur so lange, bis das Bedarfsmotiv in den Vordergrund tritt. Das heißt, wenn der Bedarf dringend wird – insbesondere im Alter –, werden haushaltsnahe Dienstleistungen auch dann nachgefragt, wenn das Einkommen geringer ist. Die Prioritäten werden dann anders  esetzt. So wird zum Beispiel auf Urlaub zugunsten einer Hilfe im Alltag verzichtet. Bei der Generation X ist der gefühlte Bedarf, trotz Zeitstress, offenbar noch nicht hoch genug. Außerdem mag bei einigen Vertretern der Generation X die Vorstellung bestehen, die Aufgaben im Haushalt alleine bewältigen zu müssen.

Unterschätzt die Generation X das Potenzial von Haushaltshilfen? Was muss Ihrer Meinung nach geschehen, um den Nutzen von Haushaltshilfen zu verdeutlichen?

In der Tat: Unsere Daten als Basis nehmend vermuten wir, dass die Generation X die positiven Effekte unterschätzt. Einen ersten Beitrag, dies zu ändern, leistet die Minijob-Zentrale mit dieser Studie. Unsere breite empirische Grundlage verdeutlicht, dass die Lebenszufriedenheit womöglich mehr steigt, wenn es das ganze Jahr eine Entlastung im Alltag gibt als nur zwei oder drei Wochen pro Jahr im Urlaub. Wir müssen deutlicher machen, dass die Arbeit im Privathaushalt kein Job zweiter Klasse ist. Er setzt vor allem soziale Kompetenzen und eine Vertrauensbasis voraus.

Schwarzarbeit im Privathaushalt ist noch immer ein großes Thema. In Ihrer Studie führen Sie aus, dass viele Arbeitgeber sich eher als Kunde einer Dienstleistung verstehen und daher ihren Minijobber nicht anmelden. Was muss passieren, um die Schwarzarbeit weiter zu senken?

Das Verhalten der Menschen muss sich ändern. Dies lässt sich am besten durch die 5-W-Formel erreichen: Zunächst muss die Wahrnehmung für das Problem geschärft und das Wissen über die Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert werden. Daran arbeitet die Minijob-Zentrale seit Jahren. Bei Verhaltensänderungen kommt es außerdem auf das Wollen an. Internetportale wie die Haushaltsjob-Börse erleichtern hier die Entscheidung. Ob es dann zu mehr legaler Beschäftigung kommt, ist stark von den eigenen Werten und denen des Umfelds abhängig. Welche  Einstellungen haben meine Freunde und ich den Hilfen gegenüber und wie wichtig ist mir die Legalität meines Tuns? Ein Wandel ergibt sich nur, wenn alle anderen Ws entsprechend ausgeprägt sind. Konkrete Verbesserungen bei den Anreizen und der Bürokratie gibt es ja bereits. Jetzt bedarf es noch eines gesellschaftlichen Umdenkens und einer höheren Zahlungsbereitschaft für Haushaltshilfen.

Welche Faktoren können dabei helfen, dass der Privathaushalt künftig als Arbeitsplatz anerkannt wird?

Wir müssen das Thema immer wieder in die Öffentlichkeit bringen und die positiven Effekte – sowohl für die Haushaltsshilfen als auch für die einzelnen Haushalte und die Gesellschaft – hervorheben. Außerdem sollten wir mit Nachdruck auf die steuerlichen Anreize für die Arbeitgeber verweisen.

Zum Interview auf blog.minijob-zentrale.de

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