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Rolf Kroker im Handelsblatt Gastbeitrag 19. Februar 2013

Zu viel auf einmal

Die Erwartungen an die Finanztransaktionssteuer sind eindeutig zu hoch, meint Rolf Kroker, Leiter des IW-Wissenschaftsbereichs Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik.

Die Finanztransaktionssteuer mache Finanzkrisen unwahrscheinlicher, verringere die Volatilität an den Finanzmärkten, beteilige die Verursacher der Krise an deren Kosten und generiere zusätzliches Steueraufkommen - so argumentieren ihre Befürworter.

Nur: Bei so vielen Zielen für ein Instrument sind Enttäuschungen programmiert. Zum einen will man Einnahmen erzielen, zum andern Verhalten lenken. Im ersten Fall sollte man möglichst alle Finanzgeschäfte einbeziehen und den Steuersatz sehr niedrig ansetzen, im anderen Fall bestimmte kritisch gesehene Transaktionen hoch besteuern, damit sie unterbleiben. Bei der EU-Kommission genießt das Einnahmeziel ganz klar Priorität, die anderen Ziele scheinen nur eine "höhere" Rationalität beizusteuern.

Klar ist, dass die EU-Finanztransaktionssteuer die jüngste Krise nicht verhindert hätte. Die Ursache waren hochkomplexe Verbriefungsprodukte, unterschätzte systemische Risiken und das Auseinanderfallen von Eigenverantwortung und Haftung. Die Steuer hätte daran nichts Wesentliches geändert. Um diese Probleme zu lösen, bedarf es einer effizienten Bankenregulierung und einer effektiven Finanzmarktaufsicht. Hier sind wir mit Basel III bereits auf dem richtigen Weg.

Könnte eine Finanztransaktionssteuer denn wenigstens die Volatilität an den Finanzmärkten reduzieren? Sicher ist, dass diese Steuer die kurzfristige Spekulation an den Finanzmärkten verringert. Keineswegs sicher ist, dass sie auch die Volatilität an den Finanzmärkten eindämmt. Das Handelsvolumen kann stark sinken, so dass die Preisausschläge sogar zunehmen, weil der Markt nicht mehr liquide genug ist. Spekulation, auch kurzfristige, ist nicht per se schlecht, sondern kann zur korrekten Preisfindung an den Finanzmärkten beitragen. Der Kommissionsvorschlag unterscheidet aber nicht zwischen guter und schlechter Spekulation - und kann es auch nicht.

So bleibt zu fragen, ob die Finanztransaktionssteuer eine sinnvolle Maßnahme zur Beteiligung der Banken an den Kosten der Finanzkrise darstellt. Bekanntlich können Zahllast und Traglast auseinanderfallen. Die Finanzinstitute werden versuchen, die Steuerlast an ihre Endkunden - Unternehmen und Bürger - weiterzugeben. Betroffen wäre im Übrigen auch die private und betriebliche Altersvorsorge. Ersparnis würde steuerlich bestraft; andererseits wird private Altersvorsorge mit viel Steuergeld gefördert. Das Ziel, die Banken an den Kosten ihrer Rettung zu beteiligen, wird mit der Bankenabgabe besser erreicht als mit einer Finanztransaktionssteuer. Ihr Vorteil ist, dass mit ihr ein Fonds gespeist wird, mit dessen Mittel im Krisenfall Banken direkt rekapitalisiert werden können. Die Mittel der EU-Finanztransaktionssteuer sollen hingegen in den allgemeinen EU-Haushalt und die nationalen Haushalte fließen.

Die EU-Finanztransaktionssteuer ist also nicht das Mittel der Wahl, um die jüngste Finanzkrise zu meistern und zukünftige Krisen zu vermeiden. Zum einen adressiert sie nicht zielgenau die Fehlentwicklungen an den Finanzmärkten, zum anderen gibt es mit der Bankenabgabe, Basel III und einer Stärkung der Finanzmarktaufsicht passgenauere Alternativen.

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