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Wido Geis-Thöne in der Fuldaer Zeitung Gastbeitrag 8. September 2020

Bei der Integration ist viel geschafft

Immer mehr Menschen, die in den vergangenen Jahren in Deutschland Zuflucht gesucht haben, schaffen den Sprung in den Arbeitsmarkt, konstatiert IW-Zuwanderungsexperte Wido Geis-Thöne.

Da die Phase des stärksten Zuzugs von Geflüchteten in der Geschichte der Bundesrepublik inzwischen fünf Jahre zurückliegt, ist es an der Zeit, eine erste Bilanz über ihre Integration in den Arbeitsmarkt zu ziehen. War der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an den Personen im erwerbsfähigen Alter aus den acht bedeutendsten Herkunftsländern, Afghanistan, Eritrea, Iran, Irak, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien bis zum Mai 2016 auf nur noch elf Prozent eingebrochen, lag er trotz des Lockdowns im Mai 2020 mit 29 Prozent um den Faktor drei höher. Dies ist auch mehr als vor dem starken Zuzug Geflüchteter, als der Wert im Mai 2014 etwa 25 Prozent betrug. Dennoch ist Abstand zu den Beschäftigungsquoten von 45 Prozent für alle Ausländer und 63 Prozent für die Inländer im Mai 2020 noch sehr groß.

Betrachtet man, in welchen Branchen die Geflüchteten untergekommen sind, stechen der Handel, das Gastgewerbe und die Arbeitnehmerüberlassung heraus. Zudem arbeiten sie deutlich häufiger in kleinen und mittleren Unternehmen als die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt.

Die Bewertung dieser Zahlen ist immer eine Frage des Bezugsrahmens. Hatte man die Erwartung, dass die Aufnahme der Geflüchteten schnell einen großen Beitrag dazu leisten würde, die bestehenden Fachkräftelücken zu schließen, wie dies im Sommer des Jahres 2015 häufiger geäußert wurde, muss man enttäuscht sein. So besetzten im Januar 2020 noch nur 49 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den acht Asylherkunftsländern eine Fachkraftstelle, im Vergleich zu 84 Prozent von allen. Grund hierfür ist vor allem, dass viele der Geflüchteten bei ihrer Einreise nur über ein niedriges Bildungsniveau verfügt haben.

War man hingegen davon ausgegangen, dass die Geflüchteten am deutschen Arbeitsmarkt kaum Fuß fassen können, sollte man eines Besseren belehrt worden sein, zumal sich viele von ihnen noch in Qualifizierungsmaßnahmen befinden. Nimmt man die Integration der in den 1990er- und 2000er-Jahren ins Land gekommenen Asylsuchenden als Referenzpunkt, verlaufen die Prozesse heute etwas schneller, obschon die qualifikatorischen Voraussetzungen ungünstiger sind. So waren im Jahr 2018 bereits rund die Hälfte der fünf Jahre zuvor ins Land gekommenen Geflüchteten erwerbstätig. Dies legt den Schluss nahe, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.

Wären die Integrationspolitik in den vergangenen Jahren nicht neu ausgerichtet und den Asylsuchenden der Zugang zu Arbeitsmarkt, Ausbildung und Sprachförderung erleichtert worden, sähe die Lage heute sicher deutlich schlechter aus. Auch darf der Beitrag des großen Engagements aller relevanten Akteure für die Geflüchteten keinesfalls unterschätzt werden. Dennoch gibt es an vielen Stellen noch Verbesserungspotenziale. Insbesondere sollten alle Asylbewerber zeitnah nach ihrer Einreise einen Integrationskurs durchlaufen.

Den in den Jahren 2015 und 2016 ins Land gekommenen Personen nützt dies zwar nichts mehr, verbessert aber die Perspektiven der aktuell in Deutschland Schutzsuchenden deutlich. Diese dürften in der Diskussion über die Integration der Geflüchteten keinesfalls außer Acht gelassen werden, da die Zahl der Asylbewerber mit 166 000 im Jahr 2019 noch immer auf hohem Niveau liegt.

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