Die Bundesarbeitsministerin hat Ende November ihr Weißbuch Arbeiten 4.0 vorgestellt. Seiner Erstellung ging ein mehrmonatiger Dialogprozess mit Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft voraus. Das Weißbuch zeigt, wie einig sich alle sind, dass digitale Technologien ein großes Potenzial haben, die Arbeitswelt zu verändern.
Digitalisierung birgt großes Potenzial
Beim genauen Hinsehen wird jedoch deutlich, dass wir derzeit eigentlich noch nicht viel wissen, in welche Richtung die Reise genau gehen wird. Das Arbeitsministerium scheint da schon weiter. Es sieht regulativen Handlungsbedarf, um die Beschäftigten vor den vermeintlichen Risiken zu schützen. Und so mancher Vorschlag, wie zum Beispiel die Arbeitsversicherung, Ausweitung der Mitbestimmung, Recht auf Wahlarbeitszeit, kommt dem arbeitsmarktpolitischen Beobachter bekannt vor. Und wo wie zum Beispiel in Sachen Arbeitszeit Experimentierräume für Neues geschaffen werden sollen, drohen flankierende regulative Voraussetzungen die Abweichungen vom bestehenden Rechtsrahmen zu einem Placebo werden zu lassen. Dabei finden sich für die vermeintlichen Bedrohungen derzeit keine Anhaltspunkte.
Dazu zählt zunächst die Vorstellung, dass Roboter und Algorithmen in großer Zahl Jobs verschwinden lassen. Sie wird weder durch die allgemeine Beschäftigungsentwicklung noch durch die Befunde empirischer Untersuchungen gestützt, wie sich die Digitalisierung bisher auf das Beschäftigungsniveau ausgewirkt hat. Zugegeben: Fortschritt hat stets Änderungen in der Arbeitswelt hervorgerufen und mancherorts zu einem Arbeitsplatzabbau geführt, weil das konkrete Geschäftsmodell nicht mehr trägt oder die spezifische Tätigkeit überflüssig wird. Die Beschäftigungsperspektiven hingen und hängen jedoch davon ab, in welchem Umfang die Kompetenzen vorliegen und erworben werden können, die in einem veränderten Umfeld oder an anderer Stelle gefordert sind. Es ist die Aufgabe der Unternehmen, die berufliche Handlungsfähigkeit ihrer älter werdenden Beschäftigten zu stärken. Vor Ort existiert das Wissen, welche konkreten Kompetenzen durch welche Maßnahmen entwickelt werden sollen. Dann bleibt auch die Balance von Betriebs- und Beschäftigteninteressen gewahrt, die für diese Investitionen in das Humankapital elementar ist. Dies ist in Unternehmen, in denen die Digitalisierung bereits konkret im Fokus steht, bereits gut erkennbar.
Auch die Sorge, das unbefristete sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis könnte an Bedeutung verlieren, ist derzeit unbegründet. Befristungen und Zeitarbeit haben sich als wichtige Flexibilisierungsinstrumente zwar etabliert. Evidenz, dass die Digitalisierung ihre Verbreitung vorantreibt, existiert hingegen nicht. Gleiches gilt auch für neue Formen der Selbstständigkeit wie zum Beispiel das Crowdworking, also dem Anbieten seiner Arbeitskraft über Internetplattformen. Letzteres ist selbst in den Vorreiterbranchen der Digitalisierung wenig bekannt. Die Basis unserer sozialen Sicherungssysteme ist daher nicht bedroht.
Die neuen Möglichkeiten der räumlichen und zeitlichen Flexibilisierung von Arbeit bedrohen auch nicht die Qualität der Arbeit. Betriebe und Beschäftigte sehen sie gleichermaßen eher als Chance, insbesondere in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch die Sorge, Informationsflut und ständige Erreichbarkeit könnten sich flächendeckend negativ auf die Gesundheit auswirken, begründet derzeit keine konkreten Regulierungsschritte. Die empirische Evidenz zeigt: Wo Termin- und Leistungsanforderungen hoch sind, erlauben größere Handlungsspielräume den Betroffenen, diese auch zu bewältigen. Und ständig erreichbar sind vor allem diejenigen, die aufgrund ihrer Stellung im Betrieb sich bewusst dafür entscheiden. Wie sich das Flexibilisierungspotenzial digitaler Technologien auf das Miteinander und die Arbeitsbedingungen auswirkt, hängt am Ende von unserem eigenen Verhalten als Führungskraft und Mitarbeiter ab.
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