Mit der „Rede zur Freiheit” hat die Friedrich-Naumann-Stiftung eine Podium geschaffen, dass es hochrangigen Rednern ermöglicht, ihre Interpretation dieses Wertes darzulegen. In diesem Jahr hielt IW-Direktor Michael Hüther seine „Rede zur Freiheit”. Die Rheinische Post hat nun Auszüge veröffentlicht.
„Freiheit heißt Selbstverantwortung”
Wir tun der Freiheit einen Tort an, wenn wir sie inhaltlich mit einer Sinnerwartung und einem Glücksversprechen aufladen, derer sie zu ihrer Legitimation nicht bedarf und die durch Mangelerscheinung Enttäuschung produzieren muss.
Stattdessen müssen wir dafür werben, die Offenheit der Zukunft, die Würde des Zufalls und sinnfreier Vorgänge, die Kontingenz unserer Erwartung zu akzeptieren, anzunehmen und uns anzueignen. Wir müssen unterscheiden zwischen dem Möglichen und Unmöglichen, zwischen dem Verfügbaren und Unverfügbaren, zwischen dem Gestaltbaren und dem Hinzunehmenden, zwischen der Situation und der "Grenzsituation des Lebens", die uns - so Karl Jaspers - existentiell erfasst und fordert.
Wenn wir die Freiheit von der Bedingung der Sinnproduktion befreien, wenn uns Unsinn und Sinnverlust des Einzelnen kollektiv nicht kümmern, dann verliert die Freiheit als "Fehlen jedweder Hindernisse für das Handeln, die nicht in der Natur und intrinsischen Qualität des Handelnden liegen" (Thomas Hobbes) zumindest teilweise ihren Schrecken. Dann können wir gar mit Leichtigkeit die Freiheit wieder darauf beziehen, wo sie ihren Ausgang nimmt und ihre Würde gewinnt: auf den Einzelnen. Und wir können und sollten Freiheit deshalb so verstehen: Freiheit ist der Verzicht auf die Anstrengung, ohnmächtig zu bleiben. Nur so können wir selbst jene Sicherheit finden, die in den Institutionen unserer Verfassungsordnung angelegt ist, aber der lebenspraktischen Wendung bedarf. Dies gilt besonders in der digitalen Transformation, in der wir nur souverän und selbstbestimmt zurechtkommen. Dies gilt ebenso in Zeiten, in denen die demokratische Ordnung sich unter vielfältigem inneren wie äußeren Druck befindet: Wir alle sind und jeder einzelne ist zur Freiheit verpflichtet.
Dies hat freilich zwei Konsequenzen: Erstens ist das Prinzip der Selbstverantwortung, der Vertragseinhaltung und der Haftung umso wichtiger. Wer willentlich handelt, der muss willentlich verantworten. Zweitens hilft uns die Wirtschaftsordnung der unsichtbaren Hand, weil sie unabhängig von der Motivlage des Einzelnen durch den funktionsfähigen Preismechanismus zu wohlfahrtsförderlichen Ergebnissen führt. Darüber hinaus benötigen wir mehr Klarheit in der öffentlichen Ansprache, wo ganz offenbar nicht auf die Anstrengung verzichtet wurde, ohnmächtig zu bleiben. Die Ernsthaftigkeit des Freiheitsdiskurses muss sich in dieser Klarheit erweisen und auch im Streit. Wer sollte ernst genommen werden im Ringen um die Freiheit, der nicht dafür zu streiten bereit ist. Wer nur für die Freiheit zu werben bereit ist, wo ihm Zuspruch und wärmendes Lob entgegen schlägt, der ist kein Streiter für die Freiheit. Wir müssen der Versuchung zur Unfreiheit aus Bequemlichkeit entgegentreten. Denn: Freiheit ist der Verzicht auf die Anstrengung, ohnmächtig zu bleiben.
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