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Michael Hüther im Handelsblatt Gastbeitrag 15. November 2013

Fahrt ins Ungewisse

Dass es mit ihr keine Pkw-Maut geben wird – darauf hat sich Angela Merkel im TV-Duell mit Peer Steinbrück vor der Bundestagswahl festgelegt, schreibt IW-Direktor Michael Hüther im Handelsblatt. "Wenigstens" könnte man hinzufügen, denn bei allen anderen Themen blieb die Bundeskanzlerin, vorsichtig formuliert, eher vage. Vom Tisch ist das Thema Maut in den aktuellen Koalitionsverhandlungen trotzdem nicht.

Denn Deutschlands Verkehrsinfrastruktur muss saniert werden, der Standortvorteil im internationalen Wettbewerb droht verloren zu gehen. Dazu muss mehr Geld in Straßen und Brücken investiert werden. Da scheint es leider auch den Berliner Koalitionsverhandlern gleich welcher Couleur das Einfachste, die Steuern zu erhöhen. Und wenn diese letzte "rote Linie" der Union nicht überschritten werden soll, dann hilft vielleicht doch die Pkw-Maut, wiederum vielleicht nur für Ausländer. Beides ist politisch vermeintlich leichter umzusetzen als endlich strukturelle Reformen anzugehen, klare Prioritäten zu setzen und - nicht zuletzt - das Thema Verkehrsinfrastruktur zu entpolitisieren. Doch nur das könnte Deutschlands Verkehrswege langfristig sichern.

Schließlich darf bei allen Mautgedanken nicht aus dem Blick geraten, dass die Misere der Verkehrswege von der Politik selbst verursacht ist. Geld für die Straßen gibt es nämlich genug: Der Bund nimmt pro Jahr etwa 46 Milliarden Euro aus verkehrsspezifischen Steuern und Abgaben wie der Kfz-Steuer und der Lkw-Maut ein. Für die Bundesfernstraßen gibt er seit 1992 jährlich aber nur zwischen fünf und sechs Milliarden Euro aus. Nötig wären achteinhalb Milliarden. Es ist eine politische Entscheidung, dass nicht mehr in die Verkehrswege investiert wird. Der Zusatzbedarf von etwa drei Milliarden Euro ließe sich im Bundeshaushalt bereitstellen.

Eine Pkw-Maut, die inländische Autofahrer nicht belastet, würde zur Deckung des Finanzbedarfs nicht ausreichen. Darüber hinaus steht in den Sternen, ob eine solche Abgabe - ob nur für Ausländer oder für alle - dann wirklich zweckgebunden verwendet würde.

Nur zwei Maßnahmen können die deutsche Verkehrsinfrastruktur wirklich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten:

Erstens muss die Politik ein klares verkehrspolitisches Ziel definieren. Sie muss sich also darauf verständigen, was mit den Milliardensummen im Verkehrsetat bei welchen Verkehrsnetzen erreicht werden soll. Dazu gehört zuallererst, dass die Qualität der wichtigsten Güterrouten ausreicht, um Deutschlands Rolle als zentrale Logistikdrehscheibe in Europa zu erfüllen.

Zweitens darf der Weg zum Ziel nicht länger der Logik der Tagespolitik unterworfen sein. Das könnte gelingen, wenn der Staat eine längerfristige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit einer ausgegliederten Betreibergesellschaft abschließt. Nur so ist eine systematische Investitionsplanung und Finanzierung über mehrere Jahre möglich. Und nur so kann es später eine wirksame Leistungskontrolle geben. Österreich hat mit der ASFINAG vorgemacht, wie es funktioniert. Denn bei unseren Nachbarn hat man bereits verstanden, dass Priorisierungen im Vorfeld und Qualitätskontrollen im Nachgang die politische Investitionsplanung ersetzen müssen.

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