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(© Foto: iStock)
Michael Grömling in den VDI-Nachrichten Gastbeitrag 26. Juni 2020

IW-Konjunkturampel: Beispielloser Einbruch

Die Industrieproduktion sinkt stärker als während der globalen Finanzmarktkrise 2008/2009, meint IW-Konjunkturexperte Michael Grömling in einem Gastbeitrag für die VDI-Nachrichten.

Die Corona-Pandemie hat die Volkswirtschaften rund um den Globus fest im Griff. In Deutschland hat sich die Ausbreitung deutlich reduziert, viele Schwellenländer kämpfen dagegen noch stark gegen das Virus an. Im Vergleich zu früheren Konjunkturkrisen bremst Covid-19 weltweit die Unternehmen flächendeckend aus. Viele Dienstleister – vor allem im konsumnahen Bereich – wurden infolge des Lockdowns lahmgelegt. Zunächst haben die geschlossenen Geschäfte die Umsätze insbesondere im Gastronomie- und Kulturbereich auf null gesetzt. Die Lockerungen gestatten jetzt den allmählichen Einstieg in die Normalität.

Auch die Industrie ging in die Knie. Fehlende Zulieferungen und fehlende Mitarbeiter ließen die Fließbänder vielfach stillstehen. Die Indikatoren der IW-Konjunkturampel für die deutsche Industrie stehen auf Rot. Die aktuellen Daten zur Industrieproduktion weisen einen beispiellosen Einbruch aus: Im April 2020 lag die Industrieproduktion um 22 % unter dem bereits deutlich eingebrochenen Wert vom März 2020. Vor allem die Automobilproduktion erlebte einen historischen Tiefsturz – hier wurde im April 2020 das Volumen vom März um knapp 75 % unterschritten.

„Eine zweite Infektionswelle würde einen langen Schatten auf die Industrie werfen.“

Diese in der modernen Wirtschaftsgeschichte Deutschlands einmaligen Einbrüche machen deutlich, dass die konjunkturellen Anpassungslasten erheblich stärker ausfallen können als während der globalen Finanzmarktkrise 2008/2009. Diese Rezession galt bislang als die Krise schlechthin.

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Die Rückgänge gegenüber dem Vormonat fielen damals aber deutlich schwächer aus. Sie erreichten im Januar 2009 mit -8 % ihren Höhepunkt. Ansonsten war die Fallhöhe im Winterhalbjahr 2008/2009 immer auf weniger als -5 % begrenzt. Kumuliert über die beiden Krisenmonate März und April 2020 ist nunmehr ein Einbruch in Höhe von mehr als 30 % zu verbuchen. Von September 2008 bis zum Tiefpunkt im April 2009 waren es aufsummiert gut 23 %. Das zeigt, wie schnell und heftig die Einschläge in der Industrie derzeit sind. Auch bei den Auftragseingängen der Industrie, die Anhaltspunkte über die Nachfrageentwicklung und die weitere Dynamik der Industrieproduktion in den nächsten Monaten liefern, ist ein beispielloser Einbruch zu verzeichnen.

Das in den Monaten März und April aufgebaute Belastungsniveau übertrifft in Summe ebenfalls schon deutlich das Ausmaß infolge der Finanzmarktkrise. Während die Inlandsaufträge von September 2008 bis April 2009 um kumuliert 27 % sanken, hat sich allein im März und April 2020 ein Loch von 33 % aufgetan. Bei den Auslandsaufträgen der deutschen Industrie fällt aktuell der Einbruch aufsummiert mit 40 % sogar noch stärker aus als im Inland – 2008/2009 belief sich die kumulierte Auslandslücke auf 33 %.

In der Zukunft steht und fällt vieles mit dem Turnaround der Weltwirtschaft. Die deutsche Industrie ist in hohem Ausmaß auf ausländische Kunden ausgerichtet – rund die Hälfte ihrer Umsätze werden mit ihnen erwirtschaftet. Weiter nachlassende Auslandsaufträge – etwa infolge einer langwierigen Erholung oder gar einer zweiten Infektionswelle – würden einen tiefen und langen Schatten auf die deutsche Industrie werfen.

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