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Knut Bergmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Gastbeitrag 29. Dezember 2012

Engagement aus wohlverstandenem Eigeninteresse

Für niemand gilt der bekannte Satz von Erich Kästner „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ mehr als für Unternehmer, schreibt Knut Bergmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zitiert wird der Satz meistens im Kontext von gemeinwohlorientiertem Handeln – und nicht im Zusammenhang mit unternehmerischer Tätigkeit. Das ist misslich, denn die überwiegende Mehrheit der Unternehmen engagiert sich nicht nur für ihren Geschäftszweck, sondern auch bürgerschaftlich.

Laut dem ersten nationalen Engagementbericht tun das fast zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland. Bei großen Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern steigt die Quote sogar auf 96 Prozent. Überwiegend geschieht das auf dem Wege des – neudeutsch genannten – „Corporate Giving“, dem Spenden von Geld oder Produkten. Ihr Gesamtwert belief sich 2011 auf fast 11 Milliarden Euro, drei Viertel davon sind rein finanzielle Zuwendungen.

Mindestens bei einem Teil dieser Summe ist fraglich, ob er tatsächlich sinn- und möglichst wirkungsvoll eingesetzt wird. Denn jedes Engagement sollte strategisch mit dem Unternehmenszweck verbunden sein, um möglichst viel Wirkung zu entfalten – und zwar für beide Seiten. Wie überall gilt auch beim guten Tun, dass gut gemeint nicht automatisch gut gemacht bedeutet, und gerade Unternehmen sind doch gewohnt, auf das Ergebnis zu schauen. So haben die oft beispielhaft genannten Fußballtrikots in Form einer Geld- oder Sachspende wenig mit dem sie gebenden örtlichen Steuerberatungsbüro zu tun, wohl aber die Pro-Bono-Beratung der Kanzlei für den Verein bei der Erstellung des Jahresabschlusses. Genauso spendet derjenige, der auf Wirkung bedacht ist, nicht Geld für die Tafelbewegung, sondern widmet sich der Bekämpfung der Ursachen von Armut. Gleichwohl kann man jedem Catering-Unternehmen, Supermarkt oder jeder Bäckerei nur empfehlen, übrig gebliebene Lebensmittel als Sachspende dorthin zu geben.

Um eine weitverbreitete Fehlannahme auszuräumen: Engagement von Unternehmen darf nicht rein altruistisch sein, denn daran geht selbst das profitabelste Geschäftsmodell auf Dauer zugrunde. Verantwortliches Unternehmertum kann nicht rein selbstlos sein. Allerdings ist, in der althergebrachten Diktion des „Ehrenamtes“ oft übersehen, beinahe jedwedes Engagement mit einem wohlverstandenen Eigeninteresse verbunden – was auch vollkommen legitim ist. So wird die firmeneigene Kindertagesstätte nicht betrieben, um dem allgemeinen Mangel an Betreuungsmöglichkeiten für den Nachwuchs abzuhelfen, sondern damit gutausgebildete Mitarbeiterinnen rasch aus der Mutterschaftspause zurückkehren können. Ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht trotzdem.

Mehr als drei Viertel der Unternehmen nennen als Motiv, mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement die Unternehmenskultur und Mitarbeiterzufriedenheit stärken zu wollen. Gerade in Zeiten von Fachkräfteengpässen können weiche Faktoren die Attraktivität eines Arbeitgebers deutlich erhöhen. Neun von zehn Unternehmen richten ihre dementsprechenden Aktivitäten auf ihr unmittelbares Umfeld. Sie können so die Kundenbeziehungen verbessern und investieren in die Qualität des Standortes.

Dabei ist jedes bürgerschaftliche Engagement freiwillig, so ein herausragendes Definitionsmerkmal. Und es sollte nicht vergessen werden, dass weder das Unternehmen, das allein wirtschaftlich tätig ist, zwangsläufig in seiner gesellschaftlichen Wirkung schlechter dastehen muss als andere, noch, dass es schon mit seinem ureigenen Zweck, nämlich Güter und Dienstleistungen zu produzieren, einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllt. Genauso sollte zum gemeinwohlorientierten Tun gezählt werden, dass gerade Mittelständler über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden.

Trotzdem stellt sich die Frage, ob damit das Quantum an Mitverantwortung, das in einer freiheitlichen Gesellschaft jeder Bürger übernehmen sollte, für den „Unternehmensbürger“ schon ausgeschöpft ist. Tatsächlich sind Unternehmen wie die Soziale Marktwirtschaft, dem besten Ordnungsrahmen für die alltägliche Zusammenarbeit, zum gegenseitigen Vorteil darauf angewiesen, dass eine Mehrheit sie nicht nur toleriert. Unübersehbar ist das Bild „der Wirtschaft“ so diffus wie das Image „der Politik“ schlecht: Unternehmen gelten in öffentlichen Debatten meist als weltumspannende Konzerne und nicht als Mittelständler im gesellschaftlichen Nah-Raum. Dort aber findet das meiste Engagement statt. Ob sich damit für unsere freiheitliche Wirtschaftsordnung werben lässt, was immerhin für knapp 40 Prozent der Betriebe eine Triebfeder ist, sei einmal dahingestellt. Sicher ist jedoch, dass einem Feigenblatt-Engagement oder dem Versuch mittels des gemeinwohlorientierten Einsatzes Gewinne, die auf gesellschaftlich unakzeptable Weise zustande gekommen sind, nachträglich zu legitimieren, kaum Erfolg beschieden sein wird. Im Gegenteil dürfte das Misstrauen so noch gefördert werden.

Freuen wir uns also, frei nach Erich Kästner, über das Gute, das schon ins Werk gesetzt wird, mag es den Unternehmen selbst wie der Gesellschaft nutzen. Der Bemerkung von Bundespräsident Gauck, dass es zu kurz greifen würde, so zu tun, „als gäbe es nur die Wahl zwischen egoistischem Unternehmertum und weltfremdem Altruismus“, kann man nur zustimmen.

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