Statt zusammen gegen die Krise vorzugehen, findet zwischen Europas Staaten inzwischen ein reger Schlagabtausch statt. Dabei kommen die Krisenländer in Sachen Reformen sogar gut voran. Anerkannt wird das zu wenig.
Die Reformen im Euro: Raum wirken
In der Eurozone scheint sich das Miteinander auf der politischen Ebene zunehmend in ein gefährliches Gegeneinander zu wandeln. Inzwischen kamen unverblümte Vorwürfe gegen die deutsche Regierung schon aus der französischen Regierungspartei. Doch auch hierzulande wird in Sachen Euro-Schuldenkrise häufig polemisch und überzogen argumentiert.
So vermitteln vor allem die Eurokritiker oft den unterschwelligen Eindruck, Deutschland würde von den Südeuropäern über den Tisch gezogen. Dort hielte man nur die Hand auf, verschleppe aber die dringend nötigen Reformen.
Dabei ist bei der Reformbilanz das Glas eher halbvoll. So hat die OECD erst kürzlich die Reformintensität international vermessen. Erstaunliches Ergebnis: Die Krisenländer rangieren ganz vorn, allen voran Griechenland. Wenn liberale Ökonomen – und dazu zählen in aller Regel auch die eurokritischen – an eines glauben, dann an die Kraft solcher Strukturreformen, neues Wachstum und neue Beschäftigung zu schaffen.
Keine Frage ist, die Reformen müssten noch weiter gehen. Doch das haben viele Experten bei der Agenda 2010 in Deutschland auch gesagt. Tatsächlich zeigen zahlreiche Studien wie auch die Erfahrungen vieler Länder, seien sie arm oder reich, gut oder schlecht regiert: Eine kritische Masse von Reformen bringt neue Erfolge. So hat die OECD berechnet, dass die Reformen Mario Montis in Italien mittelfristig rund vier Prozent mehr Wachstum schaffen dürften.
Die Strukturreformen helfen auch dem Euro. Denn sie machen die Euroländer ähnlicher und die Volkswirtschaften der Südeuropäer flexibler. Beides hilft, die Währungsunion auf Dauer tragfähig zu machen. Zentral sind hier vor allem die Reformen in der Lohnpolitik, die in den Krisenländern in Form von Öffnungsklauseln und mehr Betriebsnähe auf den Weg gebracht wurden.
Viel zu wenig werden hierzulande auch die ersten Reformerfolge anerkannt. So schrumpfen die vormals notorisch hohen Importüberschüsse in Südeuropa rasant. Spanien, Portugal und Italien schrieben 2012 bereits schwarze Zahlen im Handel mit Waren und Dienstleistungen. Manche bezweifeln, dass diese Fortschritte nachhaltig sind.
Doch geht die Verbesserung der Handelsbilanzen zu rund der Hälfte und teilweise sogar mehr auf beachtliche Exportsteigerungen zurück - und nicht nur auf konjunkturbedingte Importeinbrüche, die sich vermeintlich bald wieder umkehren. Gegen eine solche Umkehr spricht, dass die Importe schrumpfen, weil sich eine vormals kreditfinanzierte Übernachfrage normalisiert hat und auf absehbare Zeit nicht wiederkehren wird.
Als weiterer Beleg für die angebliche Reformschwäche im Süden wird die aktuelle Aufweichung des staatlichen Sparkurses aufgeführt. Skeptiker sehen die gerade reformierten Brüsseler Sparregeln gleich wieder mit Füßen getreten, weil die Aufweichung leichtfertig von der Europäischen Kommission durchgewunken würde. Doch der verschärfte Stabilitäts- und der neue Fiskalpakt erlauben es, bei Rezessionen die nominalen Staatsdefizitziele hinauszuschieben – und dies zu Recht, solange konjunkturbereinigt weiter gespart wird.
Wenn wegen der Tempodrosselung beim Konsolidieren nun die Staatsschulden weiter steigen sollten, sind freilich im Gegenzug mehr Strukturreformen nötig. Genau das hat Spanien vor kurzem angekündigt. Und auch in Italien ist bei aller Kritik am Sparkurs nicht die Rede davon, die Strukturreformen Montis grundsätzlich zurückzudrehen. Portugals Regierung zieht ihre eigene Reformagenda durch und auch in Griechenland hält die Troika den Reformdruck hoch.
Die Reformbilanz ist sicher nicht übermäßig rosig, aber auch nicht so düster wie oft suggeriert wird. Südeuropa verdient dafür mehr Anerkennung.
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