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(© Foto: Imre Mocsari/iStock)
Hans-Peter Klös auf Xing Gastbeitrag 1. Dezember 2015

Wir müssen den Acht: Stunden

Das geltende Recht hemmt die Flexibilität und führt zu Regelverstößen, schreibt IW-Ökonom Hans-Peter Klös im Karriereportal xing.com. Arbeitszeitgrenzen sollten pro Woche, nicht pro Tag festgelegt werden und Tarifverträge sollten Sonderregelungen zulassen.

„Play by the rules“ – sich an die Spielregeln zu halten – ist ein guter Grundsatz im Sport. Und auch der Ökonom weiß, dass klare Spielregeln eine Einigung erleichtern, gute wirtschaftliche Ergebnisse wahrscheinlicher machen und ganz nebenbei auch die Moral heben können. Dies alles gilt umso eher, je besser die Regeln zur Lebenswirklichkeit passen.

Genau das wird gelegentlich hinterfragt, wenn es um die Gestaltung der Arbeitszeit und deren gesetzliche Regelung im deutschen und europäischen Arbeitszeitrecht geht. In Deutschland gilt das Arbeitszeitgesetz aus dem Jahr 1994. Und für Europa wurde bis in dieses Frühjahr beraten, ob die europäische Arbeitszeitrichtlinie aus dem Jahr 1993 noch zeitgemäß sei. Beide Regelwerke legen insbesondere die täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten fest, aber auch die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten sowie Pausenzeiten.

Insbesondere die Digitalisierung der Arbeitswelt hebt die bisherigen Regeln auf den Prüfstand. So verstößt es etwa gegen geltendes deutsches Arbeitszeitrecht, eine vorgegebene Mindestruhezeit von elf Stunden durch ein dienstliches Telefongespräch mit einem Geschäftspartner aus einer anderen Zeitzone zu unterbrechen. Dies gilt auch dann, wenn das Abendbrot in der Familie eingenommen oder einer Freizeitbeschäftigung nachgegangen wurde.

Andere Beispiele für eine Arbeitswelt mit Vertrauensarbeitszeiten, mobilen Arbeitsformen und projektförmigen Strukturen lassen sich mühelos finden. Gemeinsam ist ihnen, dass die bisherigen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes in einer Reihe von Fällen entweder Flexibilität nehmen oder zu stillschweigenden Regelverstößen führen. Daher würden 60 Prozent der in einer Studie des Deutschen Fachkräfteverbands ULA befragten Personalmanager lieber wöchentliche als tägliche Höchstarbeitszeiten vorgeben. 57 Prozent befürworten eine kurzfristige Unterbrechungsmöglichkeit für die Mindestruhezeiten. Und 54 Prozent halten die bestehenden rechtlichen Regelungen für zu unflexibel – sowohl für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer.

Dass die Gewerkschaften dies naturgemäß anders sehen, ist keine Überraschung. Die IG Metall forderte beim letzten Gewerkschaftstag, dass „mobiles Arbeiten reguliert werden muss“. Gerade weil aber die Arbeitszeit eine ganz zentrale tarifpolitische Größe ist, lohnt sich ein gemeinsames Nachdenken, wie den unterschiedlichen Bedürfnissen an einzelnen Arbeitsplätzen besser als bisher entsprochen werden kann. Dazu drei Vorschläge:

  • Die zulässige Höchstarbeitszeit könnte für eine Woche statt für einen Tag festgelegt werden. Dies wäre mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie kompatibel.
  • Es sollten Öffnungsklauseln in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen vereinbart werden können, um die gesetzlichen Mindestruhezeiten bei Bedarf gesundheitsverträglich zu verkürzen.
  • Geprüft werden sollte ein Recht auf vom Gesetz abweichende Vereinbarungen zur Arbeitszeit bei bestimmten betrieblichen Erfordernissen, wie dies etwa im Flugverkehr (sogenannte „off days“) bereits seit Langem üblich ist.

Die „Arbeitswelt 4.0“ bietet deutlich mehr Chancen als Risiken. Ein fairer und gesundheitsförderlicher Interessenausgleich mit Wahrung des Arbeitsschutzes ist auch bei weniger engen arbeitszeitgesetzlichen Vorgaben möglich. Deren Anpassung an die Lebenswirklichkeit sollte daher nicht von vornherein durch Denkverbote unterbunden werden.

Zum Gastbeitrag auf xing.com

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