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Berthold Busch im INSM-ÖkonomenBlog Gastbeitrag 6. Januar 2021

Brexit: Weißer Rauch über dem Ärmelkanal

Zum 1. Januar haben sich Großbritannien und die Europäische Union auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Wie werden sich die Beziehungen in Zukunft entwicklen? Ein Ausblick von IW-Europaexperte Berthold Busch.

Die Vernunft hat gesiegt, man hat es vor kurzem kaum noch glauben wollen: Die Europäische Union (EU) und das Vereinigte Königreich (VK) haben sich quasi auf den letzten Drücker auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Auch künftig wird damit der Warenaustausch zwischen den beiden Wirtschaftsräumen ohne Zölle und mengenmäßige Beschränkungen möglich sein, vorausgesetzt die Ursprungsregeln (Die Ursprungsregeln bestimmen den Ursprung von Waren, d. h. nicht den Ort, von dem aus sie versandt wurden, sondern den Ort, an dem sie erzeugt oder hergestellt wurden. Einfach ausgedrückt ist der „Ursprung“ die „wirtschaftliche Staatszugehörigkeit“ der gehandelten Waren werden eingehalten (Ursprungsregeln bestimmen den Ursprung von Waren, das heißt nicht den Ort, von dem aus sie versandt wurden, sondern den Ort, an dem sie erzeugt oder hergestellt wurden). Das ist ein gutes Ergebnis für Verbraucher und Unternehmen und hat auch darüber hinaus positive Effekte. Ein harter Bruch wurde vermieden.

Durch Zölle induzierte Preissteigerungen bei grenzüberschreitend gehandelten Produkten wird es damit nicht geben, wenn diese den Ursprungsregeln entsprechen. Dies hätte unter anderem den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen schwer getroffen. Sowohl der Zolltarif der EU als auch das neue Tarifwerk des VK belasten Agrarprodukte am stärksten, zum Beispiel Milch und Milcherzeugnisse im EU-Tarif durchschnittlich mit 37,5 Prozent. Der Automobilwirtschaft bleiben Zölle von 10 Prozent auf Kraftfahrzeuge erspart. Sofern sie nicht schon gerissen sind, können Lieferketten aufrechterhalten werden, da die für die Endfertigung benötigten Vorprodukte nicht durch Zolltarife belastet werden.

„Mit der Einigung sind gute Voraussetzungen für die künftige Kooperation der beiden Parteien geschaffen worden.”

Zu der Einigung mögen auch politische Entwicklungen in anderen Teilen der Welt beigetragen haben. So kann das Abkommen auch als britisches Signal an den neu gewählten US-Präsidenten gewertet werden, zu einem britisch-amerikanischen Freihandelsvertrag zu kommen.

Über die Vermeidung von Zöllen und mengenmäßigen Handelsbeschränkungen hinaus sind mit der Einigung gute Voraussetzungen für die künftige Kooperation der beiden Parteien geschaffen worden. Mit dem Abkommen wird eine Situation verhindert, die das Verhältnis zwischen der EU und dem VK für eine längere Zeit belastet hätte. Da das Freihandelsabkommen nur den Handel mit Waren regelt, müssen sich beide Seiten noch auf einen Modus Vivendi für den Dienstleistungshandel einigen. Hierzu gehört auch die Verständigung auf Regeln für die Zulassung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Kreditinstituten und anderen Finanzmarktakteuren mit Herkunft aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei.

Trotz des in letzter Minute vereinbarten Abkommens wird es künftig zu Grenzkontrollen zwischen den beiden Wirtschaftsräumen kommen. Dabei wird die Einhaltung von Produktvorschriften ebenso kontrolliert wie die Beachtung von Ursprungsregeln. Ursprungsregeln sollen verhindern, dass sich Drittstaaten Zugang zu einer Freihandelszone verschaffen, in dem sie ihre Produkte über den so geannten FHA-Partner mit dem niedrigsten Zollsatz exportieren. Grenzkontrollen können dazu führen, dass insbesondere zu Anfang des Jahres trotz vielfacher Vorbereitungen mit Verzögerungen zu rechnen ist – zumindest zeitweise – bis sich die neuen Verfahren eingespielt haben. Für den Transport zeitintensiver Waren ist das ein Problem.

Allerdings müssen sich die nun vereinbarten Regelungen speziell zum „level playing field“ erst noch in der Praxis bewähren, etwa wenn es um die Anwendung des Streitschlichtungsmechanismus geht. Mögliche Vergeltungsmaßnahmen infolge von Regelverletzungen durch eine Seite könnten das Verhältnis schnell wieder belasten. Es muss sich erst noch zeigen, ob durch das Abkommen das britische Autonomiestreben mit dem Wunsch der EU nach möglichst einheitlichen Regelungen vereinbart werden kann.

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