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Markus Demary und Adriana Neligan in der Börsen-Zeitung Gastbeitrag 27. Juni 2018

Klimaschutz per Bankenregulierung ist schwierig

Die EU unternimmt derzeit erhebliche Anstrengungen, um eine Vorreiterrolle bei grünen Finanzierungen einzunehmen. Ziel ist, das Finanzsystem an die Ambitionen für Klima, Nachhaltigkeit und saubere Energie anzupassen, schreiben die IW-Ökonomen Markus Demary und Adriana Neligan.

Wesentliche Impulse waren hier das Klimaabkommen von Paris, die Green Finance Study Group der G 20 und der Hamburger Klima- und Energieaktionsplan der G 19. Die Einbeziehung der Finanzmärkte in eine Klimastrategie ist ein logischer Schritt, da die öffentlichen Mittel nicht ausreichen, um die erforderlichen Investitionen in grüne Technologien zu finanzieren. Gleichzeitig zeigt aber auch der Finanzsektor Interesse an der Finanzierung grüner Technologien.

Emissionsvolumen wächst

Green Bonds gelten als ein wichtiges grünes Finanzprodukt. Seit den ersten Emissionen der Europäischen Entwicklungsbank und der Weltbank vor einem Jahrzehnt ist das Emissionsvolumen von Green Bonds enorm gewachsen: Während im Jahr 2012 weltweit lediglich ein Volumen von 3 Mrd. Dollar an Green Bonds emittiert wurde, stieg das Emissionsvolumen im vergangenen Jahr bereits auf 157 Mrd. Dollar. Die erhöhte Nachfrage nach Green Bonds kann entweder auf ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit und für die Schattenseiten des Klimawandels zurückgeführt werden oder auch darauf, dass Green Bonds transparenter als traditionelle Anleihen sind.

Denn für eine Anlage in eine traditionelle Anleihe gibt es nur begrenzte Informationen darüber, wie die Emissionserlöse investiert werden, während die Emittenten von grünen Anleihen die Verwendung der eingesammelten Mittel nur für grüne Investitionen verwenden dürfen. Dies dokumentieren sie zudem für die Anleger.

Damit ein solcher Markt jedoch florieren kann, brauchen Anleger eine Definition von grünen Investitionen sowie eine Definition dessen, was eine grüne Anleihe ist. Darüber hinaus sind Offenlegungsstandards erforderlich, damit Anleger leicht auf Informationen über die Mittelverwendung zugreifen können und diese vergleichen können.

Die Hauptbemühungen der EU zur Stärkung des Marktes für grüne Anleihen sind die Gesetzgebung einer gemeinsamen Taxonomie für grüne Anleihen und die Erhöhung der Nachfrage nach grünen Anleihen durch einen grünen Unterstützungsfaktor in der Eigenkapitalregulierung der Banken, d. h. durch niedrigere Eigenkapitalvorschriften für Green Bonds.

Während die Taxonomie für alle Anleger relevant ist, sollten speziell die Banken hierdurch Anreize erhalten, Geld für grüne Investitionen zu verleihen. Dies muss allerdings kritisch gesehen werden. Da das Eigenkapital einer Bank einen Puffer gegen unerwartete Verluste darstellt, soll die Bankenregulierung sicherstellen, dass die Banken im Verhältnis zu ihrem Risiko ausreichend Eigenkapital halten. Ein grüner Unterstützungsfaktor hat aber zur Folge, dass die Banken weniger Eigenkapital gegen die unerwarteten Verluste einer grünen Anleihe halten werden.

Die einzige Begründung für niedrigere Kapitalanforderungen für grüne Anleihen ist eine geringere Ausfallwahrscheinlichkeit im Vergleich zu herkömmlichen Anleihen. Aber solange dies nicht der Fall ist, würde der grüne Unterstützungsfaktor nur dazu führen, dass Banken gegenüber den Verlusten aus grünen Anleihen unterkapitalisiert wären.

Politisches Projekt

Da der Green-Bond-Markt ein politisches Projekt ist, besteht die Gefahr, Green Bonds in der Finanzmarktregulierung zu bevorzugen, um politische Ziele zu erreichen. Aus unseren Berechnungen leiten wir ein Risiko von politischer Interventionen zur Ankurbelung der Nachfrage nach Green Bonds ab. Demnach müssten die jährlichen Green-Bond-Emissionen um den Faktor 45 ansteigen, um die potenziell notwendigen jährlichen klimaverträglichen Gesamtinvestitionen von bis zu 7 Bill. Dollar zu finanzieren. Allein zur Deckung der zusätzlich notwendigen Investitionen zur Erreichung des Klimaziels von Paris müssten die jährlichen Green-Bond-Emissionen um den Faktor 4,5 steigen.

US-Fehler nicht wiederholen

Die USA machten in der Vergangenheit mit dem Community Reinvesting Act den Fehler, die Wohnungsbauinvestitionen durch Politikinstrumente zu erhöhen, die darauf abzielten, dass die Banken die Kreditvergabe an private Haushalte ausweiteten. Die EU sollte nicht den gleichen Fehler begehen und das Finanzsystem überstrapazieren, um ökologische Ziele zu erreichen. Das Entstehen einer grünen Anleiheblase und das Platzen dieser Blase wären schädlich für den Finanzsektor und würden die Erreichung der Klimaziele behindern, da die Anleger von Investitionen absehen, in die sie zuvor Geld verloren haben. Für die Förderung von grünen Investitionen sollte die EU deshalb lieber auf die bewährten umweltpolitischen Instrumente setzen.

Statt auf ein schnelles Wachstum des grünen Rentenmarktes zu dringen, sollte die EU nach organischem Wachstum streben. Dieses sollte vom Markt her getrieben sein. Zu diesem Zweck ist die vorgeschlagene Harmonisierung der Taxonomie innerhalb der EU ein notwendiger Schritt, da unterschiedliche nationale Taxonomien die Entstehung von grenzüberschreitenden Märkten für grüne Anleihen behindern würden. Die EU sollte für Konsistenz beim Regulierungsrahmen für grüne Anleihen mit anderen Vorschriften für Finanzinstitute sorgen und Konsistenz auch in der Zukunft gewährleisten.

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