Die Finanzkrise hat in den Augen vieler Menschen ihre zentrale Ursache in der Spekulation von gierigen Finanzinvestoren. Rettungsschirme in Höhe von vielen hundert Milliarden Euro für hochverschuldete Euroländer und Banken verstärken den Eindruck, dass sich Spekulanten auf Kosten der Steuerzahler sanieren und ihre Verluste so minimieren.
In der öffentlichen Diskussion bleibt oft unklar, ob das Spekulieren per se für destruktiv gehalten wird oder nur das Spekulieren auf Kosten Dritter. In der Wirtschaftsethik ist es umstritten, ob Spekulation generell verwerflich ist. Bei gleichen Zugangsmöglichkeiten der Akteure zu Informationen kann Spekulation Marktungleichgewichte anzeigen, zukünftige Krisen vermeiden oder deren Folgen mindern helfen und auf langfristige Knappheiten von Ressourcen aufmerksam machen. Werden spekulative Geschäfte also erst dann moralisch fragwürdig, wenn Informationsasymmetrien hinzutreten, also etwa Insiderhandel vorliegt? Oder sind Preissteigerungen, Versorgungsengpässe oder systemische Krisen gute Gründe, um Spekulation zu kritisieren?
Auf der Tagung wollen wir fragen: Was unterscheidet Spekulation von nicht-spekulativen Geschäften auf (Kapital-)Märkten? Ist die Spekulation ein unverzichtbares Instrument zur Absicherung gegen Preis- und Kursschwankungen in der Zukunft? Gibt es Märkte – etwa für Lebensmittel – auf denen Spekulation beschnitten werden müsste? Sind wir nicht alle Spekulanten, wenn wir auf Preissenkungen im Schlussverkauf spekulieren oder das Geld auf Tagesgeldkonten parken in der Hoffnung auf steigende Zinsen? Wo liegen die Unterschiede zwischen der alltäglichen und der professionellen Spekulation, die eine andere moralische Bewertung legitimieren?
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