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Alexander Burstedde IW-Kurzbericht Nr. 62 11. September 2019 Unternehmen schaffen mehr Ausbildungsplätze in Mangelberufen

In Berufen mit Fachkräftemangel ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen zwischen 2011 und 2018 um 33 Prozent gestiegen. Obwohl die Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven in vielen Mangelberufen sehr gut sind, fehlen dort zunehmend Ausbildungsbewerber. Mehr bedarfsorientierte Berufsorientierung würde Wirtschaft und Jugendlichen helfen.

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Unternehmen schaffen mehr Ausbildungsplätze in Mangelberufen
Alexander Burstedde IW-Kurzbericht Nr. 62 11. September 2019

Unternehmen schaffen mehr Ausbildungsplätze in Mangelberufen

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

In Berufen mit Fachkräftemangel ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen zwischen 2011 und 2018 um 33 Prozent gestiegen. Obwohl die Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven in vielen Mangelberufen sehr gut sind, fehlen dort zunehmend Ausbildungsbewerber. Mehr bedarfsorientierte Berufsorientierung würde Wirtschaft und Jugendlichen helfen.

Der Fachkräftemangel ist inzwischen das größte Problem der deutschen Wirtschaft (Grömling/Matthes, 2019). Auch hat sich der Fachkräftemangel deutlich verlagert: Während es früher überwiegend an Akademikern in Großunternehmen mangelte, betrifft der Fachkräftemangel heute zunehmend Berufe, die eine Ausbildung voraussetzen (Risius et al., 2018). Davon sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) betroffen. Trotz sinkender Bewerberzahlen halten viele KMU an der eigenen Ausbildung fest und sehen kaum Alternativen dazu (Ebbinghaus, 2018).

Dieser Kurzbericht untersucht, inwiefern Ausbildungsangebot und -nachfrage auf die veränderte Fachkräftesituation reagiert haben. Im Fokus stehen Mangelberufe. Dies sind Berufe, in denen es seit 2011 stets mehr gemeldete offene Stellen als passend qualifizierte Arbeitslose gegeben hat (Liste siehe S. 3). Diese Mangelberufe sind vor allem in der Metall- und Elektro-Industrie sowie im Handwerk zu finden. Der Kurzbericht folgt der Methodik des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Risius et al., 2018, 7 ff.).

Unternehmen schaffen mehr Ausbildungsplätze in Mangelberufen

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des Ausbildungsangebots differenziert nach der Fachkräftesituation in den jeweiligen Berufen auf dem Arbeitsmarkt. Dabei werden drei Gruppen unterschieden: Mangelberufe, Engpassberufe und Nicht-Engpassberufe:

  • In den Mangelberufen stieg die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen von 2011 bis 2018 um 33,0 Prozent – deutlich stärker als in allen anderen Berufen.
  • In Berufen, die aktuell keine Fachkräfteengpässe aufweisen, ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen hingegen um 4,2 Prozent zurückgegangen.
  • Dazwischen sind Berufe einzuordnen, in denen zwar aktuell Fachkräfteengpässe vorliegen, aber 2011 kein Mangel bestand. In diesen Engpassberufen ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen um 7,1 Prozent gestiegen.

Die Unternehmen bilden also in Mangel- und Engpassberufen deutlich mehr aus als noch vor sieben Jahren. In Berufen mit vielen Arbeitslosen bilden sie hingegen tendenziell weniger aus.

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Ausbildungsbewerber fehlen zunehmend in Mangelberufen

Insgesamt wurden 7,7 Prozent mehr Ausbildungsstellen angeboten als 2011. Dem steht ein Rückgang der gemeldeten Ausbildungsbewerber um 1,9 Prozent gegenüber. 2018 gab es in der Folge erstmals seit 1994 eine Bewerberlücke: Die Zahl der gemeldeten Bewerber lag um 29.719 niedriger als die der gemeldeten Ausbildungsstellen. Dabei gab es in den Ausbildungsberufen, in denen es auf dem Arbeitsmarkt keine Fachkräfteengpässe gab, 23.798 Bewerber mehr als passende Stellen. Viele dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen hätten allerdings einen Ausbildungsplatz in einem anderen Ausbildungsberuf bekommen können, in dem am Arbeitsmarkt ein aktueller Engpass oder ein langjähriger Mangel besteht. In den Mangelberufen lag die Bewerberlücke 2018 bei 16.592. In der größeren Gruppe der Engpassberufe, in denen 2011 kein Mangel vorlag, inzwischen jedoch Engpässe bestehen, fehlen sogar 27.374 Bewerber. Damit vergrößert sich der Bewerbermangel ausgerechnet in den Berufen, die die deutsche Wirtschaft am meisten benötigt. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen in Mangel- und Engpassberufen stieg von 18.518 in 2011 auf 39.968 in 2018 (+ 116 Prozent). Die Bewerber passen ihre Berufswünsche also zu langsam an den veränderten Bedarf der Wirtschaft an.

Mehr bedarfsorientierte Berufsorientierung nutzt Wirtschaft und Jugendlichen

Jugendliche, die schon einen Wunschberuf ins Auge gefasst haben, sollten auch verwandte Berufe mit in den Blick nehmen, da sich die beruflichen Perspektiven häufig deutlich unterscheiden. Beispielsweise ist der KFZ-Mechatroniker seit vielen Jahren der beliebteste Ausbildungsberuf von jungen Männern (BIBB, 2019). Nach der Ausbildung verdienen junge Fachkräfte in diesem Beruf im Mittel 2.385 Euro (BA, 2019). Im verwandten Beruf Mechatroniker ist es mit 3.052 Euro deutlich mehr. Der beliebteste Ausbildungsberuf von jungen Frauen ist die Kauffrau für Büromanagement. In diesem Beruf kommen auf zehn Arbeitslose nur zwei gemeldete offene Stellen – es gibt also nicht genügend Jobangebote für klassische Bürokaufleute. Anders sieht das mit einer Ausbildung zur Kauffrau für Spedition und Logistik aus: Bei gleichem Verdienst (ca. 2.440 Euro) können zehn Arbeitslose in diesem Beruf aus 14 gemeldeten offenen Stellen wählen. Die Beschäftigungschancen sind also deutlich besser. Noch besser wären junge Frauen mit einer Ausbildung zur Mechatronikerin beraten: Hier kommen auf 10 Arbeitslose 54 gemeldete offene Stellen. Mit einer Weiterbildung zur staatlich geprüften Technikerin erhöht sich das mittlere Gehalt zudem auf 4.096 Euro – mehr als mit vielen Bachelor-Abschlüssen erzielt wird.

Diese Beispiele zeigen: Jugendliche sollten noch stärker als bisher über ihre Berufswahlmöglichkeiten informiert werden. Dabei geht es – unter Berücksichtigung ihrer individuellen Interessen und Fähigkeiten – nicht nur um die Entscheidung für Ausbildung oder Studium, sondern auch um den konkreten Beruf. Insbesondere technische Ausbildungsbildungsberufe haben Zukunft und gerade Mädchen sollten noch stärker für diese Berufe begeistert werden (Burstedde/Schirner, 2019). Mit einer Aufstiegsfortbildung nach der Ausbildung schließen Fachkräfte auch regelmäßig zu den Gehältern von Bachelor-Absolventen auf (Flake et al., 2016). Eine kluge Berufswahl kann die Chancen auf einen sicheren Job mit gutem Einkommen deutlich verbessern.

Liste der Ausbildungsberufe in Berufsgattungen mit Fachkräftemangel (FR steht für Fachrichtung): Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik; Eisenbahner/in im Betriebsdienst FR Lokführer und Transport; Elektroniker/in FR/für Automatisierungstechnik / Energie- und Gebäudetechnik / Betriebstechnik / Gebäude- und Infrastruktursysteme / Maschinen und Antriebstechnik; Fachkraft für Metalltechnik, FR Zerspanungstechnik; Hörakustiker/in; Industrieelektriker/in; Land- und Baumaschinenmechatroniker/in; Mechaniker/in für Reifen- und Vulkanisationstechnik; Mechatroniker/in; Mechatroniker/in für Kältetechnik; Metallbauer/in FR Nutzfahrzeugbau; Zerspanungsmechaniker/in.

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